Barrierefreies Bauen und Wohnen

Im 20. Jahrhundert stieg die Lebenserwartung in den meisten Industrieländern um mehr als 30 Jahre. Hält der Trend zum längeren Leben an, werden die meisten seit dem Jahr 2000 geborenen Kinder sogar ihren 100. Geburtstag erleben. Aus diesem Grund gewinnt die barrierefreie Gestaltung von Lebensräumen zunehmend an Bedeutung.

Wissenschaftliche Studien sagen den Wendepunkt, an dem es mehr Menschen über 65 auf der Erde geben wird, unmittelbar voraus. Laut einer LBS-Studie, stellt schon jetzt die 55+ Generation mit einem Drittel die größte Gruppe auf dem Deutschen Wohnungsmarkt. Diese Studie belegt ferner, dass mit zunehmendem Alter das eigene Zuhause zum intensiveren Lebensmittelpunkt wird – und zwar zunehmend in dem Maße, wie der Bewegungsradius abnimmt. Diese Entwicklung wird zu radikalen Veränderungen in der Gesellschaft führen. Dementsprechend müssen Planer und Ausführende auf die Anforderungen, die sich ihnen durch die geänderten Wohn- und Lebensansprüche sowie den daraus resultierenden Bauaufgaben stellen, reagieren.

Der demographische Wandel lässt die Nachfrage nach barrierefreier Wohnraumgestaltung unweigerlich ansteigen, nicht zuletzt überzeugt der gebotene Komfort in den eigenen vier Wänden durch:
  • mehr Lebensqualität,
  • uneingeschränkte Mobilität,
  • maximale Sicherheit,
  • gleicher Zugang für alle,
  • ein ästhetisch ansprechendes Wohnumfeld.
Dies betrifft nicht nur den Neubau. Die gegenwärtige Wohnungssituation in Deutschland wird bestimmt von einem großen Anteil vorhandener Altbausubstanz. Der Modernisierungsbedarf ist groß, denn der Bestand muss nicht nur energetisch auf den aktuellsten Stand gebracht werden. Nur selten sind vorhandene Wohnungen baulich optimal und barrierefrei ausgestattet. Hier sind Planer und Ausführende gefordert, für Wohnraumanpassungen mögliche Optionen und realistische Lösungen für den späteren Umbau zu erarbeiten.

Sind Bau- und Umbaumaßnahmen genehmigungspflichtig, bildet die aktuell gültige DIN-Norm 18040 zum Barrierefreien Bauen sowie das Bauordnungsrecht der einzelnen Bundesländer die gesetzliche Grundlage. Darüber hinaus sind in der Regel wohnungsbaurelevante Verordnungen zu beachten. All diese Regelwerke bilden die Grundlagen dafür, unter welchen technischen Voraussetzungen bauliche Anlagen barrierefrei und für Menschen mit Behinderungen zugänglich bzw. nutzbar sind. Folgenden Nutzern kommt dies zugute und macht sie weitgehend unabhängig von fremder Hilfe:
  • Menschen mit Sehbehinderung, Blindheit, Hörbehinderung (Gehörlose, Taube und Schwerhörige),
  • Menschen mit motorischen Einschränkungen,
  • Menschen, die Mobilitätshilfen und Rollstühle benutzen,
  • groß- bzw. kleinwüchsige Menschen,
  • Personen mit kognitiven Einschränkungen.
Darüber hinaus enthält die DIN-Norm 18040 die Nutzungserleichterungen für folgende Personengruppen:
  • Ältere Menschen,
  • Kinder,
  • Personen mit Kinderwagen oder Gepäck.
    Häufig sind nachträglich vorgenommene Umbaumaßnahmen, die eine Wohnung barrierefrei gestalten für die Betroffenen die einzige Möglichkeit, weiterhin ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden zu führen. Letztendlich bedeutet auch der Verbleib im vertrauten Wohnquartier einen enormen Zuwachs an Lebensqualität. Eine gesunde Mischung innerhalb der Wohnquartiere nützt dem Zusammenleben aller und schafft Verständnis füreinander.

    Planern und Ausführenden bietet sich hier die Chance, ein zumeist gesundes und gewachsenes Wohnklima zu erhalten, in dem die Kommunikation zwischen den Menschen, egal welchen Alters und welcher körperlichen Verfassung, nicht abreißt und das die Menschen zum Bleiben einlädt.

    Sollten die finanziellen Möglichkeiten für notwendige Bau- und Umbaumaßnahmen den Rahmen übersteigen, bietet der Gesetzgeber Fördermaßnahmen an. Grundlage hierfür ist der vom Bundeskabinett am 7. November 2001 beschlossene „Entwurf eines Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen“, der am 1. Mai 2002 in Kraft trat.

    Da die Vergaberichtlinien in jedem Bundesland anders bemessen werden und sich jährlich ändern, müssen sie individuell beantragt werden.

    Folgende Finanzierungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung:
    • Förderung des Bundes
    • Förderung der Bundesländer
    • Kommunale Förderung
    • Förderung über Kranken-, Renten- und Pflegekassen
    • Weitere Kostenträger
    Das Barrierefreie Bauen und Wohnen ist ein weiterer Baustein, auf den sich die Bautätigkeit unserer mittelständischen Bauunternehmen in den kommenden Jahren konzentrieren wird, sei es im öffentlichen oder privaten
    Bereich.